Das erste Panel – Making of – Part 2

Im vorherigen Beitrag habe ich darüber geschrieben, wie wir uns an das Layout des Comics heranarbeiten und das über das „Visuelle Skripten“ konkretisieren. Was dort ebenfalls zur Sprache kam, war das Thema „Referenzen“.

 

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Die Vorzeichnung – der Pencil – entsteht

Im heutigen Post geht es dann an den Stift. Es entsteht der sogenannte „Pencil“. Wenn sich jetzt irgendwer fragt, ob es denn keine Skizzen oder weitere gezeichnete Entwürfe gibt: Doch, die gibt es gelegentlich. Das sind sogenannten „Thumbnails“, also kleine Zeichnungen, mit denen man verschiedene Kompositionen eines Panels ausprobieren kann. Wie die aussehen können sieht man oben am Beispiel des dritten Panels unserer Pilot-Episode. Da wir im ersten Panel jedoch tatsächlich ein historisches Referenzbild als Vorlage nehmen und dies lediglich durch Elemente und Personen ergänzen, ist das hier nicht nötig.

Deshalb überspringen wir das und kommen direkt zum „Pencil“, der Bleistiftzeichnung. Darauf werden noch folgen: Die getuschte – oder wie wir Comic-Zeichner auch sagen – „geinkte“ Zeichnnug und dann die Kolorierung und das Versehen dieser mit den Texten, das sogenannte „Lettering“. (Und, ja, das sind Anglizismen. Aber eine Kultur, die unter Comics immer noch nur Fix&Foxi und Diddl-Maus versteht, hat das auch nicht besser verdient.)

Die „Blau“-Pause

Ich lege meine Zeichnungen immer zuerst mit einem blauen Farbstift an. Früher der traditionelle col-erase, bin ich mittlerweile auf die Werkzeuge von toonbase umgestiegen. Das Anlegen in blau ist eine traditionelle Arbeitsweise von Comic-Zeichnern, die nicht voll-digital arbeiten. Sie rührt im Wesentlichen aus der Pre-Computer-Ära, in der man sich den Effekt zunutze machte, das ein bestimmter Blau-Ton von Repro-Kameras für die Druckvorlagenherstellung nicht aufgenommen wurde und man sich so umfangreiche Radier-Orgien von Bleistiftstrichen sparen konnte. Heute gilt das genauso, nur dass man das Blau eben statt mit Reprokameras einfach mit Photoshop herausfiltert.

Mein Arbeitsprozess bei umfangreichen Zeichnungen wie die für „Großväterland“ sieht sogar zwei blaue Phasen vor. Zur zweiten komme ich jedoch erst im folgenden Beitrag über das „Inken“.

Im ersten Schritt lege ich tatsächlich nur das Grundgerüst der Zeichnung schematisch an und mache mir den niedrigen Kontrast des blauen Stiftes zu Nutze, auf den ich später den Bleistiftstrich lege. So sieht das dann für unser Panel aus:

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Erst wenn hier alles passt, hole ich meinen Bleistift heraus. Nach vielen Jahren mit „normalen“ Bleistiften und meinem geliebten Faber Castell Dessin 2001 (unfassbar günstig, unglaublich toll im Strich) bin ich vor gut einem Jahr auf einen Druckbleistift umgestiegen. Dazu „überredet“ hat mich die großartige Verarbeitung des rotring 900. Der Vorteil liegt nicht nur in der Hand, sondern auch darauf: Man spart sich das Anspitzen und kann flüssig durcharbeiten. Ein möglicher Nachteil: Der Strich ist durch den fehlenden Abrieb weniger lebendig.

Da ich später aber sowieso noch inke und mir mittlerweile einen Ligne Claire-ähnlichen Stil in der Tradition von Eduardo Risso angewöhnt habe, spielt das keine Rolle. Das ist sogar eher von Vorteil, da so der Pencil bereits nahe im Ink ist. Tatsache: Bei meinem Projekt ONE. und anderen Arbeiten für Kunden kam es bereits mehrfach vor, dass ich den Pencil direkt als Basis für die Farbe genommen habe und das Inken ausfiel.

Was man auf dem Bild übrigens auch sieht: Ich drucke mir vor Anlegen der Blaupause das Raster – in diesem Fall 4 x 4 Panels – des Comics auf das Zeichenpapier – auch in Blau.

Ein guter Pencil steht für sich

Der Pencil ist in jedem Fall der zeitaufwändigste Schritt der Arbeit, da hier alle wesentlichen Details erarbeitet werden müssen. Gelegentlich werden diese zwar auch nur angedeutet und beim Inken konkretisiert. Dennoch muss ein guter Pencil für sich alleine stehen können. Eduardo Risso antwortete mir einmal auf meine Frage, welche Stifte er eigentlich für das Inken nehme, dass das keine Rolle spiele, wenn der Pencil gut genug ist. Recht hat er! (Staedtler Fineliner 0.2 übrigens. Wie ich. Da habe ich mich gefreut!)

Zudem nutzen wir bei „Großväterland“ den Pencil – gelegentlich auch die Blaupause – zur Absprache im Projekt-Team. Das ist gut und wichtig, da hier am einfachsten noch Korrekturen vorgenommen werden können. Radiergummi und so.

Aus diesem Grund bauen wir hier auch bereits die Texte ein, um zu sehen, ob wir genug Raum dafür vorgesehen haben. Ein häufiger Anfängerfehler unter Comic-Zeichnern: Man zeichnet die schönsten Panels und am Ende stellt man fest: Die Sprechblasen haben gar keinen Platz und überdecken wichtige Teile des Bildes. Oft sehen nicht geletterte Comic-Panels deshalb sehr leer aus. Als Beispiel hier einmal die Blaupause eines späteren Panels aus der Pilot-Episode:

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Der fertige Pencil

Soviel erst einmal zum Pencil. Hier das fertige Ergebnis – noch ohne Lettering. Das erklären wir ja erst in Teil 4.

Making-of-2-Pencil

Es folgen Teil 3 über das Inken und Teil 4 über das Kolorieren.


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