Auf meinen Zeitzeugenreise durch Berlin habe ich einen ganzen Tag mit Ernst (87) verbracht. Ende 1944 wurde er als Flaksoldat in die Wehrmacht eingegliedert, mit erst 16 Jahren.
Ernst ist der letzte, der uns vom Kampf um den Reichstag zwischen dem 28. April und 1. Mai 1945 erzählen kann, der wenige Tage vor dem Ende noch einmal sehr viele Menschenleben gekostet hat. Während die SS den linken Flügel des Reichstags verteidigte, hielt eine zersplitterte Gruppe aus Wehrmacht, Volkssturm und Hitlerjungen den rechten Flügel. Die Russen hatten das Regierungsviertel komplett eingekesselt.
Als Ernst gemeinsam mit zwei Kameraden einigen Fallschirmjäger, die sich in einem Keller des bereits von den Russen besetzten, 150 Meter entfernten Innenministerium mit Essen und Munition versorgte, kam er genau zum richtigen Zeitpunkt. Ein russischer Panzer (T-34) hatte das Nest entdeckt und zielte auf den Keller. Die Jungs nahmen die Panzerfaust und konnten den Panzer in letzter Sekunde zerstören.
„Ich werde die Schreie der verbrennenden Russen im Panzer nie vergessen. Als der Panzerkommandant die Klappe öffnete und heraustaumelte, schoss ich. Ich hatte keine Wahl.“
Als Hitler sich am 30. April erschossen hatte, war allen das Ende bewusst. Viele deutsche Soldaten betranken sich und wählten den Freitod. Ernst lief, nicht wissend, was zu tun war, in den Berliner Tiergarten, der wie er sagt, menschenleer war.
„Überall um uns rum wurde geschossen, aber in MItten der Stadt, im Tiergarten war kein Mensch. Ich fühlte mich wie im Auge eines Orkans“, sagt Ernst.
Ein Trugschuss: zwei russische Scharfschützen hatten ihn im Visier. Die Schüsse gingen daneben. Ernst löste seine Handgranate vom Gurt, entsicherte sie und warf sie in den Krater, in dem sich die Russen versteckten.
Was dann passierte, sollte sein ganzes Leben grundlegend ändern. Seine ganze Geschichte erfahrt Ihr bald in Grossväterland.

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